Wintersession 2024

Die Wintersession zeigt wieder einmal, wie stark der Gegenwind für eine fortschrittliche Politik und mehr soziale Gerechtigkeit in Bern weht. Doch wenn es uns gelingt, die Menschen dagegen zu mobilisieren, können wir uns erfolgreich dagegen wehren: Öffentliche Proteste, wirkungsvolle Appelle oder Volksabstimmungen, insbesondere bei Referenden, zeigen Wirkung. In dieser Session ist das bei der Rettung der Stahl- und Aluminiumindustrie oder beim Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene geschehen. Doch insbesondere bei der Budgetdebatte hat sich gezeigt, wie sehr sich FDP und Mitte an der SVP orientieren und ohne Rücksicht auf Verluste einer planlosen Aufstockung des Armeebudgets zugestimmt haben.

Dank Protesten: Stahl- und Aluminiumindustrie gerettet – zum Schutz der Arbeitsplätze und für die Kreislaufwirtschaft

Die Stahlindustrie in der Schweiz ist massiv in Schieflage geraten, unter anderem die Stahlwerke in Gerlafingen und in Emmenbrücke standen kurz vor einer weiteren massiven Kündigungswelle. Weil ökologischer Stahl und Aluminium aber absolut notwendig für den Übergang zu einer grünen Wirtschaft sind, konnte sich das Parlament dank dem Einsatz der SP-Fraktion in letzter Minute einigen: Die Stahl- und Aluminiumwerke werden unterstützt, indem sie weniger Stromnetzgebühren bezahlen müssen. Damit kann Stahl auch weiterhin in der Schweiz wiederaufbereitet und wiederverwendet werden, was aus ökologischer Sicht sehr wichtig ist. Zudem hätte der Konkurs der grossen Industriebetriebe zu einer massiv tieferen Stromnachfrage geführt, was für die öffentliche Hand wiederum grosse finanzielle Verwerfungen mit sich gebracht hätte.

Dank eurer Unterschriften: Das Recht auf Familienzusammenführungen bleibt bestehen

Im September haben innert 24 Stunden 140’000 Unterstützer:innen einen Aufruf der SP unterzeichnet, der den Ständerat aufforderte, den unmenschlichen Entscheid des Nationalrates, Kriegsgeflüchteten den Familiennachzug zu verbieten, rückgängig zu machen. Nach diesem massiven gesellschaftlichen Engagement konnten wir im Ständerat in einem knappen Entscheid das Recht auf Familienzusammenführungen, dass Verfassung und Völkerrecht vorgeben, tatsächlich verteidigen.

Damit haben wir einen der vielen SVP-Angriffe auf das Recht auf Asyl und für den Schutz von Menschen auf der Flucht abgewehrt. Sie haben mit ihrem Vorstoss den Verstoss gegen Völkerrecht, Bundesverfassung und Kinderrechtskonvention verlangt. Neu ist, dass auch die FDP auf diesen menschenfeindlichen Kurs eingeschwenkt ist.

Nun hat der Ständerat dieses Vorhaben gestoppt – wohl auch weil es sich gerade mal um rund 100 Gesuche pro Jahr handelt, wovon 94% Frauen und Kinder sind. Dieser Entscheid zeigt: Zivilgesellschaftliches Engagement ist in diesen schwierigen politischen Zeiten besonders wichtig – und lohnt sich!

Kürzungen auf dem Buckel der Ärmsten, massiv mehr Geld für die Armee

Das Parlament hat ein neues Budget beschlossen, bei dem die völlig falschen Prioritäten gesetzt werden: Bei der internationalen Zusammenarbeit werden 110 Millionen Franken gekürzt, während die Armee dafür zusätzliche 530 Millionen erhält (und die Landwirtschaft 47 Millionen). Dass die Armee noch gar nicht weiss, was sie mit dem zusätzlichen Geld genau tun soll, ist nur der Gipfel der Absurdität. Denn nun bezahlen Menschen in Armut, Hunger und Krieg die Zeche für die planlosen Rüstungsausgaben der Rechten. Die Parteien Mitte und FDP spielen mit dieser Politik direkt der SVP in die Hände und lassen jegliche aussenpolitische Verantwortung missen. Mit diesen Kürzungen wird die Welt eine gefährlichere, sozial ungerechtere und ärmere.

Bilaterale III: Der nächste Schritt ist getan

Der Bundesrat hat gestern verkündet, dass die Verhandlungen mit der EU abgeschlossen sind. Gute Bedingungen mit der EU sind für uns alle von zentraler Bedeutung – für die Wirtschaft, Bildung und Forschung. Nun muss der Bundesrat dafür sorgen, dass mit Massnahmen im Inland mögliche Risiken neuer Abkommen abgefangen werden. Namentlich muss der Lohnschutz und der Service public gesichert werden. Denn auch nach den Ankündigungen des Bundesrates bleibt noch vieles unklar, weil erst die Eckwerte des ausgehandelten Vertrages bekannt sind. Es ist ungewiss, wie dieser in der Schweiz umgesetzt wird und ob der Bundesrat gesetzliche Anpassungen geplant hat, um allfällige Verschlechterungen auszugleichen. Um die Weiterentwicklungen der Beziehungen zur EU nicht zu gefährden, muss der Bundesrat hier endlich Führungsverantwortung übernehmen und der Blockadehaltung der Arbeitgeberverbände entschlossen entgegentreten. Ihre Verweigerung, mit den Gewerkschaften an einer tragbaren Lösung zu arbeiten, ist das grösste Hindernis für ein breit unterstütztes Gesamtpaket. Besonders besorgniserregend ist, dass diese Haltung zwei isolationistischen Komitees in die Hände spielt. Diese lehnen das gesamte Paket ab – unabhängig von dessen Inhalt – und gefährden damit eine Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs.

Rechtes Politikversagen hat zum CS-Debakel geführt

Als die Credit Suisse Im Rahmen einer Notrettung unter Staatsgarantien von der UBS übernommen werden musste, betonte Finanzministerin Karin Keller-Sutter immer wieder: Schuld sei menschliches Versagen von einzelnen Bankern, das lasse sich mit neuen Regulierungen nicht verhindern.

Der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission zeigt nun genau das Gegenteil: Der Bürgerliche Filz zwischen Finanzinstituten und Politiker:innen hat dazu geführt, dass dieser Totalabsturz nicht verhindert werden konnte. Mit jahrelangen und gezielten Angriffen auf die Finanzmarktaufsicht haben sie verhindert, dass die Behörden rechtzeitig und wirkungsvoll auf die Verfehlungen reagieren konnte. Und es waren die SVP- und FDP-Bundesrät:innen Ueli Maurer und Karin Keller-Sutter, die aus Rücksicht auf die Manager der Credit Suisse die Fakten viel zu lange unter Verschluss hielten und den Gesamtbundesrat bewusst unzureichend informiert haben. Mit der XXL-UBS bewegt sich die Schweiz nun in einer gefährlichen Hochrisikozone. Es braucht deshalb sofort:

Ende der Abzockerei

  1. Boni-Verbot für systemrelevante Banken, wie es im Nationalrat bereits eine Mehrheit gefunden hat (Motion 21.3909 im Ständerat hängig).
  2. Abgeltung Staatsgarantie: Die indirekte UBS-Finanzierung via Staatsgarantie von jährlich bis zu 45 Milliarden muss abgegolten werden. Steuerzahler:innen dürfen nicht länger die Zeche zahlen.

Schluss mit dem Filz:

  1. Keine bezahlten Mandate von Banken für Parlamentarier:innen
  2. Verbot der Parteifinanzierung durch die UBS

Risiko der XXL-UBS muss rasch kleiner werden:

  1. Höhere Eigenkapitalanforderungen
  2. Bewusste Angriffe/Attacken zur Schwächung der Finma von bürgerlichen Politiker:innen müssen aufhören .

Der Zeitplan für eine Überarbeitung der Too-Big-To-Fail Regulierung muss massiv beschleunigt werden (Im Sommer 2025 muss Botschaft vorliegen).

In diesem Faktenblatt haben wir die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

Die Ukrainer:innen werden zum nächsten Sündenbock

Ein besonders denkwürdiger Entscheid fällte diese Session der Nationalrat: Ukrainer:innen die aus angeblich «ungefährlichen» Gebieten des Landes kommen, werden den Schutzstatus S nicht mehr automatisch erhalten. Nur wer aus Gebieten mit «mehr oder weniger intensiven Kampfhandlungen» flüchtet, soll in Zukunft in der Schweiz Schutz erhalten. Doch in der Ukraine gibt es keine sicheren Orte: Menschen werden auch im Westen des Landes mit Gleitbomben angegriffen, von Drohnen durch die Strassen gejagt, ihre Spitäler und Kindergärten bombardiert. Auch das aussen- und sicherheitspolitische Signal ist hochproblematisch. Putin kann sich bei SVP, FDP und der Mitte bedanken, denn dieses Nachlassen der europäischen Solidarität mit der Ukraine wird in Russland als Kriegserfolg verbucht.

Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung führt zu Schwarzarbeit und bremst ökologische Sanierungen

Das Parlament hat beschlossen, dass es den Eigenmietwert bei Erst- und Zweitliegenschaften abschaffen möchte. Das führt zu Steuerausfällen von mindestens 1.7 Milliarden Franken, davon zwei Drittel auf Kosten der Kantone und Gemeinden. Damit fallen massive Steuerausfälle in eine Zeit, in der sowohl unser Kanton als auch der Bund bereits finanziell eng dastehen. Zudem werden Immobilienbesitzende einmal mehr gegenüber Mieter:innen bevorzugt, denn diese können ihre Mietkosten nicht von den Steuern abziehen.

Im Übrigen hat der Systemwechsel aber auch negative ökologische und soziale Auswirkungen: Da Sanierungsarbeiten am eigenen Haus nicht mehr steuerlich abzugsfähig wären, ist mit einem Rückgang an privaten Investitionen in Unterhalt und insbesondere energetische Gebäudesanierungen zu rechnen. Die Energiebranche ist deshalb gegen die Vorlage. Und auch BauenSchweiz und die Berufsverbände der Metallbauer:innen, Gebäudetechniker:innen, Schreiner:innen und vielen mehr sind gegen die Vorlage. Denn die Steuerabzüge haben dafür gesorgt, dass Schwarzarbeit bei Unterhaltsarbeiten bisher unattraktiv geblieben war. Das Baugewerbe fürchtet nun aber durch einen Anstieg der Schwarzarbeit vermehrt Dumpinglöhne und unsaubere Geschäftspraxen.

Die Abschaffung des Eigenmietwerts ist verknüpft mit der Einführung einer undurchsichtigen und unerprobten «Objektsteuer». Diese soll angeblich die massiven Steuerausfälle in den Bergkantonen kompensieren. Nicht einmal die Bergkantone selbst glauben jedoch an dieses Konstrukt und lehnen die Objektsteuer deshalb ab. Insgesamt wehren sich 19 von 26 Kantonen gegen den Systemwechsel. Weil für die Steuer eine Verfassungsänderung nötig ist, werden die Stimmberechtigten das letzte Wort haben.

Mehr Autonomie für ältere Menschen – auch zuhause

Die Schweiz braucht wegen der alternden Gesellschaft massiv mehr Pflegebetten. Bis 2040 müssten bei gleichbleibender Versorgungspolitik rund 1000 Alters- und Pflegeheime gebaut werden. Gleichzeitig benötigt rund ein Drittel der Heimbewohner:innen weniger als eine Stunde Pflege. Sie brauchen eigentlich vor allem Hilfe und Betreuung bei der Alltagsgestaltung.

Um Rentner:innen möglichst lange ein autonomes Leben zu sichern und Heimeintritte zu verzögern, sollen nun EL-Bezüger:innen Anspruch auf Leistungen erhalten, die ihnen länger ein selbständiges Dasein in den eigenen Wänden ermöglichen. Sie sollen dafür Pauschalen für Leistungen wie Notruf, Mahlzeiten etc. direkt über die EL erhalten. Und diese Leistungen sollen auch IV-Rentner:innen offen stehen. Der Nationalrat hat den ersten Schritt für diese wichtige alterspolitische Vorlage gemacht.  

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