Sommersession 2020

Nach der Corona-Sondersession im Mai fand nun auch die Sommersession in der Expo in Bern statt, bevor wir (solange die Corona-Zahlen tief bleiben) wieder ins Bundeshaus zurückkehren dürfen. Einmal mehr konnten wir den Vormarsch der bürgerlichen Sonderinteressen nicht vollständig verhindern. Allerdings konnten wir auch einige wichtige Erfolge verbuchen.

GRUNDLEGENDEN SCHUTZ FÜR MENSCHEN AUF DER FLUCHT

Die Situation von bis zu 80’000 flüchtenden Menschen auf den ägäischen Inseln ist eine Katastrophe, der griechische Staat völlig überfordert mit ihrer Unterbringung und Versorgung. Es dauert zu lang, bis die Asylgesuche beantwortet sind und Griechenland fehlen schlicht die Ressourcen. Krätze und Tuberkulose gehören zur Tagesordnung, die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung ist absolut ungenügend. Mit der Corona-Pandemie wurde die Situation noch schlimmer. In einer Motion hatte die staatspolitischen Kommission (deren Mitglied ich bin) gefordert, dass der Bundesrat sich auf europäischer Ebene für eine Verbesserung der Situation und eine gerechtere Verteilung von Asylsuchenden einsetzt. Zudem soll er selbst Solidaritätsleistungen erbringen, in dem er zum Beispiel mehr Menschen in die Schweiz holt. Die Motion wurde vom Nationalrat angenommen.

SP UND GEWERKSCHAFTEN FÜR ÄLTERE ARBEITSLOSE

Gemeinsam mit den Gewerkschaften haben wir eine Überbrückungsrente für ältere Ausgesteuerte erkämpft. Diese sorgt dafür, dass Menschen nicht in der Sozialhilfe landen, wenn sie mit 60 oder später arbeitslos werden. Bekämpft hat die Überbrückungsrente auch die SVP. Ältere Arbeitslose spielen bei ihr leider nur dann eine Rolle, wenn sie sich gegen Ausländer*innen aufbringen lassen. Ob Menschen trotz jahrzehntelanger Arbeit in der Sozialhilfe landen und dann von Altersarmut betroffen sind, ist der SVP egal.

KLIMASCHUTZ: NOCH IMMER VIEL ZU WENIG

Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat das CO2-Gesetz beraten. Es ist immer noch ein Trauerspiel für die Schweiz, weil es viel zu wenig weit geht, um uns Menschen vor der Klimakrise zu schützen. Es gibt allerdings kleine, erste Verbesserungen: Immerhin konnten wir eine Flugticketabgabe von 30 bis 120 Franken ins Gesetz bringen. Weil die Hälfte der Einnahmen zurück an die Bevölkerung geht, profitieren normalverdienende Menschen mit wenigen Flügen. Diejenigen, die mehrere Langstreckenflüge pro Jahr fliegen, müssen hingegen mehr bezahlen. Davon profitieren Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen besonders. Dazu wird neu ein Klimafonds geschaffen und der Benzinpreis um maximal 12 rp. erhöht. Es wird zu einem Referendum kommen, weil der extrem rechte Flügel der FDP mit den SVP-Klimaleugnern zusammenspannt. Das Thema wird uns sicher weiterhin beschäftigen.

WENN AUS FRAUENFEINDEN EMANZEN WERDEN

Im Nationalrat wurde auch die Initiative für ein Burkaverbot der SVP diskutiert. Die SP hat die Initiative abgelehnt. Die SVP schiebt einmal mehr die Sache der Frau vor, um einen Kulturkampf gegen unsere muslimischen Mitbürger*innen anzuzetteln. Denn wie ich es in meinem Statement im Namen der SP-Fraktion gesagt habe: Die SVP war immer auf der falschen Seite, wenn es um den Schutz und die Gleichstellung der Frauen* oder um eine klare Linie gegenüber islamistischen Terrorregimen auf der ganzen Welt geht. Es ist deshalb nur heuchlerisch, dass sich die SVP nun wie eine Emanzenkampftruppe verhält. Im Nationalrat wurde die Initiative deutlich zur Ablehnung empfohlen.

SP: “DIE ARMEN HABEN KEIN BROT…”

Durch die Coronakrise ist in der Schweiz die Armut beispiellos angestiegen. Jede Woche stehen die Menschen in Genf, Zürich und anderen Städten zu tausenden an, um Essenspakete zu erhalten. Die SP wollte rasch dagegen kämpfen und hat einen Kredit von 10 Mio. beantragt – erfolglos. Der Nationalrat lehnt das Hilfspaket ab. Die Rechten lassen die Armen weiterhin im Stich.

“…UND DIE SELBSTÄNDIGEN KEIN EINKOMMEN”

Auch Selbständige und Gewerbler kämpfen weiter mit der Coronakrise, zum Beispiel weil grosse Veranstaltungen weiterhin verboten sind. Viele sind in ihrer Existenz gefährdet. Der Bundesrat hat am 20. Mai kurzfristig entschieden, dass die Notverordnung für Kurzarbeit und Erwerbsersatz per Ende Mai beendet wird. Daraufhin hat meine Kollegin Mattea Meyer einen Vorstoss eingereicht, der verlangte, dass die Kurzarbeit und der Corona-Erwerbsersatz für diese Leute zu verlängern ist. Die Mehrheit der Sozialkommission hat zugestimmt. Weil die Zeit drängt, schlug nun mein Kollege Cédric Wermuth vor, die Motion ohne Antwort des Bundesrates in dieser Session zu beraten, um so die Selbständigen rechtzeitig zu retten. Im September wird die Hilfe für viele zu spät kommen. Der Antrag von Cédric wurde zuerst angenommen. Am nächsten Tag wollte FDP-Fluri aber hinterrücks darauf zurückkommen. Aber nicht nur Bürgerliche liessen die Selbständigen erneut im Stich, auch Grüne wie der zukünftige Parteipräsident Glättli entschieden sich um. Nun stehen viele Selbständige vor dem Nichts.

BÜRGERLICHE: “DANN SOLLEN SIE DOCH WEIN TRINKEN”

Mit “dann sollen sie doch Kuchen essen” soll die französische Königin Marie-Antoinette regiert haben, als man ihr mitteilte, dass die französische Bevölkerung kein Brot mehr habe. Ähnlich arrogant agiert die bürgerliche Mehrheit im Parlament: Während sie die Armen weiter hungern und Selbständige finanziell sterben lassen, unterstützten sie ein Hilfspaket für die Weinbauern in der Höhe von 8.5 Mio Franken. Diese Prioritätensetzung zeigt, wie weit weg die Bürgerlichen von der Realität der Normalverdienenden sind. Da können wir nur hoffen, dass die bürgerliche Mehrheit in der Schweiz nicht viel länger hält als die Herrschaft von Louis XVI und Marie-Antoinette… 

NUR MIT SAMENSPENDE IST DIE EHE WIRKLICH FÜR ALLE

Einen wichtigen Erfolg konnten wir bei der Ehe für Alle verbuchen. Die SP setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, dass auch Menschen mit dem gleichen Geschlecht heiraten können – ein grundlegendes Menschenrecht! Die Konservativen Parteien hatten diese Selbstverständlichkeit lange verzögert. Nun versuchen sie gemeinsam mit dem Bundesrat in einem letzten Schritt, eine Zweiklassenehe zu schaffen: Lesbische Paare sollen zwar heiraten können, im Vergleich zu Ehepaaren aus einem Mann und einer Frau aber keine Fortpflanzungsmedizin nutzen dürfen – eine völlig absurde Diskriminierung. Der Nationalrat hat zum Glück die Ehe für alle mit Samenspende angenommen. Nun muss der Ständerat dringend nachziehen.

NATIONALBANKGELD FÜR DIE AHV

Die Nationalbank macht wegen der Negativzinsen Gewinne, auch zulasten unserer Pensionskassen und unserer Renten. Deshalb hat die SP und der schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) vorgeschlagen, dass die Gewinnausschüttungen der SNB für die AHV reserviert werden. Also wieder in unsere Renten gehen. Eine Motion von Alfred Heer dazu wurde angenommen. Allerdings wurde auch eine Motion angenommen, die das Gegenteil möchte – nämlich mit dem SNB-Geld Schulden abbauen. Dieser Vorstoss ist absurd, da die Höhe der Corona-Schulden noch nicht bekannt ist. Dazu drängt der Schuldenabbau nicht. Und er soll solidarisch von den Krisengewinnlern finanziert werden.

SABOTAGE DES ZIVILDIENSTS ABGEWENDET

Es ist ein Trauerspiel der letzten Jahre: Immer weniger junge Männer und Frauen möchten ins Militär, weil zu viele (mehrheitlich) Väter und Freunde von viel Langeweile, nutzlosen Aktionen und schlechten Umgangsformen der Vorgesetzten erzählen. Gleichzeitig wird der sozial sehr sinnvolle Zivildienst immer beliebter. Das ist ein Problem für die bürgerliche Stahlhelmfraktion. Statt nun aber das Image und den Sinn des Militärdienstes zu verbessern, wollen die Bürgerlichen seit Jahren die Bedingungen im Zivildienst verschlechtern . So auch erneut in dieser Session: Wer vom Militär in den Zivildienst wechseln will – also sich nach eigener, negativer Erfahrung gegen den Militärdienst entscheidet – sollte ein ganzes Jahr auf den Wechsel warten müssen. Zum Glück konnten wir das Gesetz in der Schlussabstimmung kippen.

MIETERLASS: HOFFNUNG FÜR DAS GEWERBE

Ganz knapp (20:19 Stimmen) konnten wir uns diesmal hingegen auch im Ständerat mit einem Mieterlass für Gewerbetreibende durchsetzen. Die angeblichen Gewerbeparteien FDP und SVP handelten erneut gegen die Interessen des Gewerbes. Ihnen war die Gewinn abschöpfende Immobilienlobby einmal mehr wichtiger als die tausenden kreativen und produktiven Selbständigen und kleinen Gewerbebetriebe. Gewerbliche Mieter mit Mietkosten von bis zu 20’000 Franken müssen dank der SP während der Corona-Schliessungen nur 40% der Miete bezahlen, die übrigen 60% müssen vom Vermieter übernommen werden. Das Bild unten zeigt, wovor die Rechten wirklich Angst hatten: Einem Rückgang der Aktienkurse bei ihren Versicherungs- und Immobilienfirmen. Das passierte nach der Entscheidung der eidgenössischen Räte: 

 

CVP UND FDP HÖHLEN MIT DER SVP RECHTSSTAAT AUS

Unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung haben sich zahlreiche Politiker*innen der FDP und der CVP zusammen mit der SVP im Nationalrat durchgesetzt: Neu soll es für unschuldige Jugendliche ab 15 Jahren Hausarrest geben können, wenn diese als “gefährdend” eingestuft werden. Die Uno, Expert*innen und Amnesty International hatten das Gesetz scharf kritisiert, weil es gegen die Menschenrechte verstösst. Auch wenn immerhin Unschuldige nicht mehr ins Gefängnis geworfen werden können. Die Republik hat in einer spannenden Reportage aufgezeigt, “wie der Schweizer Nachrichtendienst einen islamistischen Gefährder konstruierte. Und wie die Schweizer Regierung damit die schärferen Antiterror­gesetze rechtfertigte, die [gerade] im Parlament debattiert [wurden]. Die Republik widmet sich dort dem “Behördenskandal im Zeitalter des «War on Terror».

DIE KONZERNLOBBY GEWINNT – VORERST

Konzernverantwortungsinitiative kommt definitiv zur Abstimmung (engagiere dich hier in deinem lokalen Unterstützungskomitee oder bestelle eine Fahne).

Eigentlich ist es ein Armutszeugnis: 

  • Glencore vergiftet Flüsse im Kongo und die Luft in Sambia
  • Der Basler Konzern Syngenta verkauft tödliche Pestizide, die bei uns schon lange verboten sind
  • Schweizer Goldraffinerien beziehen Rohgold aus Kinderarbeit.

Doch den Bürgerlichen in der Schweiz sind die versklavten und vergifteten Kinder egal, weil diese Ausbeutung ihren Profitinteressen dient.   Ursprünglich wollten Konzernvertreter von SVP bis CVP einen Gegenvorschlag ausarbeiten, bei dem Schweizer Konzerne für Menschenrechtsverletzungen und die Missachtung von Umweltstandards auch wirklich haftbar wären. Selbst die Lobbying-Versuche von Nestlé waren wirkungslos, und daraus wurde nichts. Der Gegenvorschlag scheiterte aber in der Einigungskonferenz, dort, wo Nationalrat und Ständerat gemeinsam verhandeln, wenn sich die Räte widersprechen. Übrig blieb nun eine Schein-Gegenvorschlag, bei der Unternehmen für ihren Schaden nicht einmal bezahlen müssten. Nun bleibt ein Ja zur Initiative die einzige Möglichkeit, um ein Stück globale Gerechtigkeit zu schaffen. Wir werden es in diesem Abstimmungskampf mit der geballten Macht des Kapitals in der Schweiz zu tun haben. Wenn wir da gewinnen wollen, brauchen wir deine Unterstützung!

GESCHICHTE DER FRAUENBEWEGUNG

Im Gosteli-Archiv werden seit 1982 wichtige Dokumente der Frauenbewegung dokumentiert – die Geschichte von wichtigen Frauen und ihren Organisationen und ihr Einfluss auf Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur, Gesellschaft und Familie. Allerdings geht der Gosteli-Stiftung nächstens das Geld aus. Der Nationalrat hat nun beschlossen, dass das Archiv zwischen 2021 und 2024 mit 4 Mio. Franken unterstützt werden soll, auch dank meiner Vorgängerin und ehemaliger Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer. Damit auch die Frauen beim nächsten und übernächsten Frauen*streik noch wissen, wer ihre Vorkämpferinnen waren!

ABSCHAFFUNG DER INDUSTRIEZÖLLE VERHINDERT

Besonders die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) hätte gerne die Importzölle auf Produkten wie Textilien, Kleider und Schuhe, aber auch Maschinen abgeschafft. Die SP war aus mehreren Gründen dagegen: Es hätte den Unternehmen im Durchschnitt nur 1.8% günstigere Kosten beschert, aber den Bund über eine halbe Milliarde gekostet. Zudem hätten wir unsere Verhandlungsmacht für zukünftige Freihandelsabkommen aufs Spiel gesetzt. Und damit auch die Möglichkeit, Zölle nach ökologischen und sozialen Kriterien setzen zu können. Im Kampf bspw. gegen den Klimawandel wird das in Zukunft wesentlich sein. 

BEHANDELTE VORSTÖSSE

Mein Postulat “Erfassung des Gender Overall Earnings Gap und anderer Indikatoren zu geschlechterspezifischen Einkommensunterschieden” wurde vom Nationalrat angenommen. Hier kannst du mein Statement nachhören. Damit sollen statistische Grundlagen erarbeitet werden, um die gesamten Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern zu analysieren. Wir haben heute nicht einmal die Datengrundlage, um gute Gleichstellungspolitik zu diskutieren. Der Bundesrat muss nun einen Bericht dazu verfassen. 

NEU EINGEREICHTE VORSTÖSSE

Ich habe in dieser Session auch zwei neue Vorstösse eingereicht:

  • Das Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer und die Integration wurde verschärft. Nun können Menschen aus der Schweiz ausgewiesen werden, die schon Jahrzehnte hier leben, bloss weil sie Sozialhilfe beziehen (bspw. wegen Arbeitsplatzverlust, Unfall, Krankheit, Trennung vom Ehegatten, Pech). Meine neue parlamentarische Initiative fordert, dass dies nach 10 Jahren Aufenthalt in der Schweiz nicht mehr möglich ist.
  • In der Schweiz wird immer wieder nachgewiesen, dass Racial und Ethnic Profiling (also die gezielte Kontrolle und Durchsuchung von  Personen, ihrerer Autos etc. aufgrund bspw. dunkler Hautfarbe) bei der Polizei gang und gäbe ist. Das ist heute eigentlich bereits verboten. Meine Motion fordert, dass es auch durchgesetzt wird.

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