Die Session war überschattet vom plötzlichen Tod von unserem Kollegen und Nationalrat Fredi Heer. Fredi wurde weit über die Parteigrenzen für seine direkte, aber hilfsbereite Art geschätzt. Im Europarat hat er sich mit viel Engagement gegen Korruption und für die Menschenrechte engagiert, war viel unterwegs als Wahlbeobachter und hat sich stark für die Wahl von Alain Berset als Generalsekretär des Europarats eingesetzt. Wir werden Fredi schmerzlich vermissen und drücken der Familie und den Angehörigen unsere tiefe Anteilnahme aus.
Gleichzeitig musste der parlamentarische Alltag irgendwie weitergehen. Es standen grosse Fragen auf der Tagesordnung: Wie wollen wir mit unseren europäischen Partnern zusammenarbeiten? Wie finanzieren wir unsere Sozialwerke? Wie können wir das Völkerrecht glaubwürdig verteidigen? Wie auf die US-Zollaggressionen reagieren?
Zukunftsfähige Beziehungen mit der EU und gute Arbeitsbedingungen: Nein zur SVP-Kündigungsinitiative
Unsere Staatsform gerät weltweit immer mehr unter Druck. Nicht nur die Zahl der Demokratien nimmt weltweit ab, auch ihre Qualität: Selbst da, wo noch immer freie Wahlen stattfinden, unterhöhlen politische Führer die Freiheit der Presse, der Justiz und der liberalen Grundrechte. Selbst die älteste Demokratie der Welt, die USA, kommt unter Donald Trump immer mehr ins Wanken.
In krisenhaften Zeiten lohnt es sich, gerade als kleines Land, sich mit jenen zu verbünden, die unsere Werte teilen. Wir leben zum Glück im Herzen Europas, und profitieren davon wirtschaftlich, kulturell, gesellschaftlich, nicht zuletzt auch sicherheitspolitisch.
Unsere Beziehungen zur Europäischen Union nützen uns nicht nur, weil wir ihnen Güter und Dienstleistungen verkaufen oder abkaufen. Mindestens so wichtig ist neben den Bilateralen Verträgen die Personenfreizügigkeit: Kita-Mitarbeitende, Gesundheits- und Pflegepersonal und Lehrkräfte stellen sicher, dass wir eine gute Versorgung unserer Kinder, Kranken und Älteren aufrechterhalten können. Allein in den Spitälern kommt jede:r dritte Beschäftigte aus dem Ausland; und aufgrund der Alterung unserer Gesellschaft werden wir in Zukunft noch stärker auf Unterstützung angewiesen sein.
Die SVP möchte dieses Erfolgsmodell nun torpedieren, und die Schweiz mit ihrer Kündigungsinitiative («10-Millionen»-Initiative) in die Isolation führen. Damit drohen wir in eine dunkle Vergangenheit zurückzufallen: Statt Lohnschutz gäbe es Zuwanderungskontingente mit Lohndumping, die ausländischen Arbeitskräfte würden ihre sozialen Rechte verlieren. Ich bin deshalb froh, dass der Nationalrat diese Initiative klar zur Ablehnung empfiehlt.
Für eine nachhaltige Finanzierung der AHV..
Leider hat die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat beschlossen, die 13. AHV-Rente nur mit einer provisorischen Finanzierung bis 2030 zu sichern. Weshalb? Trotz dem deutlichen Volksentscheid für die 13. AHV-Rente und überdeutlichen Niederlage für die Erhöhung des Rentenalters wollen sie an ihrer Forderung nach einer Erhöhung des Rentenalters festhalten. Dafür machen sie eine Politik der leeren Kassen, in der Hoffnung, dass die Stimmbevölkerung angesichts roter Zahlen sich quasi erpressen lässt und einer Rentenaltererhöhung schliesslich doch zustimmt.
Das ist demokratiepolitisch fragwürdig und vor allem unverantwortlich. Die AHV ist das wichtigste Sozialwerk der Schweiz und braucht eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung. Volksentscheide sind zu respektieren und umzusetzen. Nun ist der Ball beim Ständerat.
…und für faire Witwer- und Witwenrenten
Noch bedenklicher ist, was der Nationalrat bezüglich Witwer- und Witwenrenten entschieden hat. Ein Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hatte festgestellt, dass unser System die Witwer diskriminiert. Bisher erhielten Frauen die Witwenrente bis zur Pensionierung, die Männer nur bis zum 18. Geburtstag des jüngsten Kindes. Die Schweiz wurde vom Gerichtshof aufgefordert, diese Ungleichbehandlung zu beheben – und zwar nicht mit einem Leistungsabbau für alle, sondern mit länger laufenden Renten für die Männer.
Die Vorlage des Bundesrates, die jetzt vom Nationalrat mit kleinen Anpassungen verabschiedet wurde, macht das Gegenteil: Es führt zum Sozialabbau von über 700 Millionen pro Jahr. Nicht einmal Witwenrenten, die heute bereits ausgezahlt werden, sind geschützt – obwohl eine Besitzstandsgarantie das Minimum für einen gangbaren Kompromiss ist. Wir wehren uns mit aller Kraft dagegen.
US-Zollhammer: Die Verantwortung der Nationalbank
Weil Donald Trump die Schweiz mit Zöllen von 39% belegt hat, leiden Teile der Exportindustrie massiv: Der Export ihrer Waren in die USA wird massiv teurer. Um diese Unternehmen zu schützen, haben National- und Ständerat nun die maximale Kurzarbeitsdauer von 18 auf 24 Monate verlängert. So verhindern wir, dass Firmen ihre Beschäftigten entlassen, nur um sie teuer wieder suchen und einarbeiten zu müssen, sobald sich die Zollsituation (hoffentlich) normalisiert. Mit der Kurzarbeit werden ihre Löhne vorübergehend von der Arbeitslosenversicherung bezahlt.
In einer Interpellation will ich zudem vom Bundesrat wissen, welchen Teil die SNB zur Unterstützung der Exportindustrie beitragen kann. Denn die betroffenen Unternehmen haben bereits vor dem Zollhammer unter dem starken Franken gelitten. Der Franken hat sich zum Dollar erneut um etwa 7% aufgewertet.
Die SNB verfügt über geldpolitische Instrumente, um diesen Aufwertungsdruck abzufedern. Damit könnte sie einen Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Industrie und zur Erhaltung von Arbeitsplätzen beitragen. Während der Finanzkrise nach 2007 betonte die SNB die Wechselkursstabilität regelmässig als Voraussetzung für Preisstabilität und hat entsprechende Interventionen am Devisenmarkt vorgenommen, um den massiven Aufwertungsdruck zu dämpfen. Sie sprach davon, «exzessive Frankenstärke» verhindern zu wollen, was in der Einführung eines expliziten Mindestkurses CHF/Euro endete. Heute ist die Kommunikation der SNB sehr zurückhaltend, obwohl eine klare Kommunikation als Signal an die Devisenmarktteilnehmer einen stabilisierenden Effekt hätte.
Sondersession zu katastrophaler Lage in Gaza
In Gaza herrscht Hungersnot, die Bevölkerung wird in immer kleinere, angeblich sichere Zonen zurückgedrängt. Es ist unklar, ob die Menschen jemals in ihre Städte zurückkehren können – ihre Häuser sind meist komplett zerstört. Ganz gezielte Angriffe auf Zivilist:innen und Helfer:innen sind an der Tagesordnung. Hunger ist zur Kriegswaffe geworden.
In einer von der SP-Fraktion geforderten Sondersession zu Gaza haben wir uns dafür eingesetzt, dass die Schweiz endlich klar Stellung bezieht und Sanktionen ergreift – sich zum Beispiel den EU-Sanktionen anschliesst. Der Bundesrat muss seine ganze aussenpolitische Kraft dafür einsetzen, dass Israel das humanitäre und zwingende Völkerrecht einhält.
Eine starke SRG zum Schutz der Demokratie
Nächstes Jahr wird die Anti-SRG-Initiative zur Abstimmung kommen. Der Nationalrat empfiehlt klar, die Initiative abzulehnen, und zwar ohne einen Gegenvorschlag zu machen. Denn die Forderung, dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Radio noch weitere Mittel zu entziehen, ist extrem schädlich.
Obwohl nämlich eine ähnliche Initiative vom Stimmvolk mit über 70% bereits sehr deutlich abgelehnt wurde, kürzte SVP-Medienminister Albert Rösti das SRG-Budget auf Verordnungsebene massiv. Das führt bereits heute dazu, dass die SRG-Leitung etliche Sendungen und Programme streichen muss.
Das gefährdet einerseits den Zusammenhalt und die Versorgung zwischen und in den verschiedenen Sprachregionen, andererseits sehen wir aber in Staaten wie den USA was passiert, wenn es keine starken öffentlich-rechtlichen Medien gibt. Milliardenschwere Verleger entscheiden über Programm und Berichterstattung und schnell gibt es keinen gemeinsamen gesellschaftlichen Konsens über Wahrheit und Lüge und keine funktionierende Debattenkultur.
Zum Schutz unserer Demokratie und gegen Fehlinformation und Radikalisierung werden wir uns deshalb mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die SRG-Initiative deutlich abgelehnt wird.