Dieser Beitrag ist am 25. Februar 2025 in der Volksstimme erschienen.
von Samira Marti
Wenn ich momentan Richtung USA schaue, wünschte ich mir manchmal, jemand würde uns aus diesem Albtraum aufwecken. Doch es ist die bittere Realität, vor der wir weder die Decke über den Kopf ziehen noch die Augen verschliessen können.
In den ersten Wochen seiner Präsidentschaft hat Präsident Trump gewalttätige Kapitalstürmer aus der Haft entlassen, Richter, die sich mit diesem Rechtsbruch befassten, an ihrer Arbeit gehindert und kritische Medienschaffende von den Pressekonferenzen des Weissen Hauses ausgeschlossen. Er hat ganze Listen von Schulbüchern verboten und wissenschaftliche Arbeiten nach Stichworten wie «Inklusion» oder «Frauenrechte» durchsuchen und löschen lassen. Er hat das Recht auf Asyl ausgehebelt, Millionen von Familien mit Migrationsgeschichte in Unsicherheit über ihr Bleiberecht in ihrer Heimat gestürzt und den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen gegeben.
Er hat die Bevölkerung in Kanada, Panama, Grönland und in Gaza bedroht, im Nahen Osten mal kurz die Landesgrenzen neu gezeichnet, die Entwicklungshilfe für Millionen von Menschen gestoppt und damit den direkten Tod von unzähligen Menschen im globalen Süden besiegelt. Er hat in bester russischer Propagandamanier behauptet, Selenski habe den Krieg in der Ukraine gestartet, während sein Vizepräsident erklärte, die grösste Bedrohung für Europa seien nicht die autokratischen Regimes in China und Russland, sondern das Zusammenstehen gegen den aufkeimenden Rechtsextremismus – er nannte dies «Zensur», ironischerweise während seine Regierung gerade unliebsame Bücher verbieten lässt. Und gleichzeitig haben die beiden nichts, rein gar nichts dafür getan, damit es den Menschen in den USA mit ihren wirtschaftlichen Sorgen besser geht.
Angesichts dieser rasanten Entwicklung und den Gefühlen, die viele von uns beschleichen, während die Welt aus den Fugen gerät, möchten wir manchmal am liebsten den Kopf in den Sand stecken. Mir geht es da ähnlich. Die schlechten Nachrichten, die uns gefühlt im Stundentakt erreichen, lassen mich im Moment manchmal fassungslos zurück. Das ist völlig normal und menschlich. Wichtig ist jetzt aber, dass es nicht dabei bleibt.
Denn das Jahr 2025 hat uns zwar schon viel zu viel zugemutet. Aber es hat auch Millionen von Menschen in Deutschland auf die Strasse getrieben, um die Demokratie zu verteidigen. In der Schweiz haben in nur 2 Wochen 180’000 Menschen die Konzernverantwortungs-Initiative unterschrieben, damit sich Schweizer Grossunternehmen auch im Ausland an die Regeln halten müssen. Unzählige Menschen engagieren sich hierzulande freiwillig in Vereinen, Parteien und anderen Organisationen für ihre Überzeugungen und für mehr Zusammenhalt und Gemeinschaftssinn. Eine Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung wählt keine rechten Parteien. Wir alle können den Unterschied machen. Mit unserer Stimme an der Urne, unserem Engagement in der Politik und im Alltag, sei es in einer Partei oder Verband, in der Pfadi, im Frauenverein oder im Chor, sei es für geflüchtete Kinder oder fürs Dorffest im Sommer. Denn alleine können wir die Welt nicht verändern. Aber gemeinsam entscheiden wir über den Lauf der Geschichte. Daran möchte ich Sie und mich heute erinnern. Denn die Demokratie braucht uns alle, mehr denn je.