EINE SONDERSESSION UNTER SPEZIELLEN UMSTÄNDEN…
An der Sondersession vom 4.-6. Mai diskutierten wir die Corona-Krise und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen. Statt im Bundeshaus trafen wir Parlamentarier*innen uns auf dem Berner Messegelände. Dort konnten wir im Vergleich zum Bundeshaus die Abstand- und Hygieneregeln zum Schutz vor Corona gut einhalten.
Nicht nur der Ort selbst, sondern auch die Umstände vor Ort waren speziell. Normalerweise werden Geschäfte erst in einem Rat (bspw. im Nationalrat) und erst in der nächsten Session im anderen Rat (Zweitrat, bspw. im Ständerat) diskutiert. Diesmal waren wir gezwungen, Geschäfte in beiden Räten in einer Session bewältigen – was die Bürgerlichen kalt ausgenutzt haben: Viele wichtige Geschäfte wurden im Ständerat abgeschwächt, versenkt oder deutlich verzögert.
…NUTZEN DIE BÜRGERLICHEN FÜR IHRE KLIENTEL
Wie bereits in der Frühlingssession hat der rechtsbürgerliche Machtblock die Normalverdienenden, die Selbstständigen und die Armutsbetroffenen im Stich gelassen. Zu wenig Geld für Kindertagesstätten (Kitas) und kein Mieterlass für Gewerbebetriebe, dafür Milliardenkredite und Dividendenzahlungen für Grossunternehmen – erfolgreich erbeuteten die Bürgerlichen unser Geld und geben es direkt an ihre Klientel weiter.
“GEWERBEPARTEIEN” VERRATEN DAS GEWERBE BEI DEN MIETEN…
Die angeblichen “Gewerbeparteien” SVP und FDP haben in dieser Session das lokale Gewerbe auf allen Ebenen verraten. Viele kleinere Betriebe mussten wegen der Krise schliessen oder haben ihre Kundschaft verloren. Die monatlichen Kosten für die Mieten müssen sie aber trotzdem stemmen – was für viele KMUs völlig unmöglich ist. Immer mehr Selbständige fürchten deshalb um ihre Existenz. Die Mietkosten sind neben den Personalkosten, die dank Kurzarbeit kompensiert werden können, der höchste Ausgabeposten eines kleinen KMUs. Der Nationalrat hatte auf Antrag der SP-Fraktion vorgeschlagen, dass Restaurants und Geschäfte ihrem Vermieter während des Lockdown nur 30 Prozent der Miete schulden. Der bürgerliche Ständerat hat das abgelehnt und den Vorstoss aufgeweicht. Natürlich wären wir zum Kompromiss bereit gewesen – allerdings wollte die rechtsbürgerliche Mehrheit am Mittwochabend aber lieber früher nach Hause gehen, statt die Differenzen zwischen den beiden Kammern zu behandeln. Damit haben CVP, FDP, GLP und SVP eine schnelle Lösung verhindert. Die KMU-Besitzenden sind weiterhin in der Schwebe, ob wir während der Junisession noch eine Lösung finden…
…UND KÜRZEN DIE MITTEL FÜR KINDERKRIPPEN
Auch die Kinderkrippen haben grosse Probleme. Während der Bundesrat sie zu Beginn der Krise als “systemrelevant” erklärte und sie damit zwang, den Betrieb aufrechtzuerhalten, erhielten sie keine finanzielle Unterstützung. Eine absolute Frechheit! Denn das Ausfallen der Einnahmen der Eltern, die ihre Kinder zuhause behielten, brachte die Finanzen der betroffenen Kitas in Schieflage. Um die Kinderkrippen sicher und solidarisch mit Unterstützung des Bund, der Kantone und Gemeinden zu retten, wären 100 Mio. Franken nötig gewesen. Wiederum hat der Nationalrat einen Kredit in dieser Höhe bewilligt, der rechte Ständerat aber nur 65 Mio.
GROSSKONZERNE WERDEN HINGEGEN HOFIERT…
Viel weniger geizig zeigten sich die Bürgerlichen bei ihren Freunden Aktionären. Eigentlich scheint es selbstverständlich: Konzerne, die staatliche Unterstützung wie Kurzarbeit für ihre Angestellten nutzen, sollen zeitgleich keine Dividenden ausschütten dürfen. Meine SP-Nationalratskollegin Mattea Meyer hatte deshalb eine Motion eingereicht, die das verbietet. Im Nationalrat wurde die Motion knapp gewonnen. Wiederum war es rechtsbürgerlichen Ständeräte, die die Interessen der Aktionäre vor diejenigen der Bevölkerung stellten.
…UND DIE SWISS OHNE KLIMA-BEDINGUNGEN GERETTET
Besonders schmerzhaft war, dass die Swiss und Edelweiss ohne jegliche Klimabedingungen Kredite in der Höhe von 1.3 Mrd. Franken erhalten. Die Fliegerei trägt einen immer grösseren Teil zum Klimawandel und zu den inländischen Emmissionen der Schweiz bei. Die Bürgerlichen wollten die Flugindustrie aber nicht auf Klimaziele verpflichten oder Alternativen zum Flugverkehr aufbauen lassen. Stattdessen wurden die 1.3 Mrd. ohne jegliche Bedingungen gesprochen. Auch das Klima verliert gegen die bürgerliche Klientelpolitik.
WIRTSCHAFTSPOLITIK BLEIBT DIE GROSSE BAUSTELLE
Letzte Woche wurden die neuen Zahlen zur Arbeitslosigkeit veröffentlicht. Innerhalb von acht Wochen sind zusätzliche 50’000 Menschen in der Schweiz arbeitslos geworden – obwohl 1.8 Millionen bereits in Kurzarbeit sind.
Arbeitslosigkeit in der Schweiz (Quelle: SGB)
Am stärksten betroffen sind Menschen mit tiefen Einkommen. In Genf standen am Sonntag 2’500 Menschen für gratis Essen an, weil sie sich keine Lebensmittel mehr leisten können. Das restriktive Migrationsregime der Schweiz verschlimmert die Situation: Ausländer*innen trauen sich nicht, ihr Recht auf Sozialhilfe einzufordern, da ihr Aufenthaltsstatus damit gefährdet würde. Wenn die Corona-Krise nicht zu massiven Lohnausfällen bei Menschen mit tiefen Einkommen und existenziellen Problemen bei denjenigen ohne Schweizer Pass führen soll, müssen wir rasch handeln.
Es braucht deshalb dringend:
- Einen Notfonds für die Million Menschen, die armutsbetroffen oder -gefährdet sind
- Einkommensgarantien von 100% (nicht nur 80%) bei Löhnen unter dem Medianlohn
- Mindestlöhne bei Kurzarbeit von 4000.-
- Erhöhung der Kurzarbeitsentschädigung für Chef*innen von kleinen Unternehmen (auf die Höhe der Selbstständigen)
- Keine Nachteile bei Einbürgerung, C- oder B-Ausweis oder Regularisierung für AusländerInnen aufgrund corona-bedingter Sozialhilfeabhängigkeit
Zur Finanzierung der Massnahmen braucht es:
- Einführung einer Milliardärssteuer
- Aufnahme von Krediten (die Schweiz kann sich zu Nullzinsen verschulden)
- Erbschaftssteuer ab 10 Millionen
Hier ist das SP-Papier zur Coronakrise zu finden.
Zudem wird es nach der Öffnung wohl ein grosses ökologisches und feministisches Konjunkturpaket brauchen – also massive öffentliche Ausgaben, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen: Wir müssen die Arbeitslosigkeit bekämpfen, indem wir unsere Gesellschaft rasch in eine ökologische Richtung umbauen, Kinderkrippen, die Pflege und das Gesundheitswesen stärken.