Der Kriegsschock sitzt uns allen in den Knochen
Der schreckliche Agressionskrieg Putins gegen die Ukraine tobt weiter, während die politischen Verantwortlichen und das SECO die Umsetzung der Sanktionen gegen russische Oligarchen immer noch verzögern oder halbherzig umsetzen. Und je länger Putin die Ukraine terrorisiert, desto grösser werden auch die Verwerfungen bei uns. Die Preise steigen, insbesondere bei der Energie. Gerade Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen trifft das besonders. Sie können ihren Energieverbrauch nicht rasch reduzieren, und auch nicht problemlos auf erneuerbare umstellen. Und wir sind als Gesellschaft wirtschaftlich von agressiven Öl- und Gasdiktaturen abhängig, während die Kaufkraft der Menschen wegen immer teureren Krankenkassenprämien und höheren Mieten seit Jahren schrumpft. Die SP hat deshalb in dieser Session kurz- und mitelfristige Lösungen präsentiert, um die Menschen zu entlasten, unsere Abhängigkeit rasch zu reduzieren und Versorgungssicherheit herzustellen. Und wir haben bereits erste Erfolge erzielt.
Unsere Prioritäten und erste Erfolge in der aktuellen Session
Die SP-Fraktion hat kürzlich zwei Konzepte präsentiert: Ein Massnahmenpaket zum Schutz der Kaufkraft und zur Entlastung der Haushalte und eines um die energiepolitische Unabhängigkeit der Schweiz von Putin und anderen Diktatoren zu erlangen.
«Check fédéral» als Teuerungsausgleich
Die Ausgaben für Wohnen und Krankenkassenprämien stellen die grösste finanzielle Belastung für die privaten Haushalte dar. Der Anstieg dieser Grundausgaben dämpft die Reallohnentwicklung seit Jahren und ist der Grund, warum die ansteigende Teuerung relativ schnell für einen grossen Personenkreis zu einem finanziellen Problem werden kann. Wenn die Inflation weiter ansteigt (auf 5%), sollen mit dem «Check fédéral» Erwachsene mit 260 Franken und Kinder mit je 130 Franken entlastet werden. Davon profitieren die Haushalte, die tatsächlich Unterstützung brauchen.
Grafik: Zusätzliche Kaufkraft verschiedener Haushalte, falls der SP bzw. der SVP-Vorschlag umgesetzt wird.
In der Debatte zum SVP-Vorschlag, die Mineralölsteuern zu halbieren, habe ich im Namen der SP-Fraktion betont, dass dieser Vorschlag volkswirtschaftlich sinnlos ist. Wir sehen in Deutschland, dass die Konzerne diese Steuersenkungen nicht an die Konsument:innen weitergeben. Also fliessen Steuergelder direkt in die Gewinne der Unternehmungen. Dagegen haben wir uns erfolgreich gewehrt.
2 Milliarden mehr für Prämienverbilligungen ab 2024
Seit Jahren setzt sich die SP für eine Stärkung der Kaufkraft ein. Nun konnten wir dank dem Druck unserer Prämieninitiative einen grossen Fortschritt erkämpfen. Der indirekte Gegenvorschlag soll vorsehen, dass ab 2024 jährlich 2.2 Milliarden mehr Prämienverbilligungen ausbezahlt werden können. Damit werden die tiefen und mittleren Einkommen entlastet.
Kompromiss mit der Mitte gefunden
Gemeinsam mit der Mitte fordert die SP nun zwei frühzeitige Massnahmen, um die Kaufkraft zu stabilisieren. Alle Rentner sollen spätestens per 1. Januar 2023 den vollen Teuerungsausgleich erhalten. Danach soll es regelmässig weitere Anpassungen an der Rentenhöhe geben, sofern die Teuerung die Grenze von 2 Prozent übersteigt. Zusätzlich soll der Bund seinen Beitrag an die individuelle Prämienverbilligung bereits für das Jahr 2023 um 30 Prozent erhöhen, unter der Bedingung, dass die Kantone ihren Beitrag nicht gleichzeitig senken.
Abhängigkeit von Putin sofort eindämmen, Versorgungssicherheit garantieren
Die ÖV-Preise sind in den letzten Jahren doppelt so stark angestiegen wie die Kosten für den motorisierten Individualverkehr, was vielen Menschen den Umstieg vom Auto erschwert. Wir fordern deshalb eine Senkung der Billetpreise, günstigere Abonnemente und Familientarife – so wie es in Deutschland mit dem 9-EURO-Ticket oder in Österreich mit dem Klimaticket bereits passiert. Kleinere Massnahmen wie ein sofortiger Ersatz ineffizienter Elektrogeräte (bspw. durch LED-Lampen oder Induktionsherde) können ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten, um rasch Energie zu sparen. Durch eine Solarpflicht möchten wir auf allen geeigneten Dächern Solaranlagen installieren. Zudem müssen Solarparks am Boden schnell bewilligt werden, Stausee-Erhöhungen und ein Energiewende-Campus mit 4000 Ausbildungsplätzen pro Jahr, ein Pilotprogramm zur Umwandlung von Sommerstromüberschüssen in Wasserstoff. Daneben müssen wir mit unseren europäischen Partnern sicherstellen, dass die wichtigsten Schlüsselkomponenten für die Energiewende wieder näher bei uns produziert werden und nicht wegen Unterbrechungen der Schiffahrtsrouten, Kriegen oder Handelskonflikten blockiert sind.
Einen Teil unserer Forderungen könnten wir im Nationalrat bereits durchsetzen: In den Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative haben wir erfolgreich einen Fonds von 2 Mrd. Franken für den Ersatz von Ölheizungen durch Wärmepumpen gepackt. Es ist nun am Ständerat, diesen ersten Schritt in der Klimapolitik rasch zu nehmen.
Nicht schon wieder Rentenabbau auf dem Rücken der Frauen
Zurzeit diskutiert der Ständerat die grosse Reform der beruflichen Vorsorge (2. Säule). Die Bürgerlichen wollen dabei den Umwandlungssatz senken. Doch statt den günstigen Kompromiss der Sozialpartner zu unterstützen und die Renten der tiefen Einkommen und insbesondere der Frauen mit einer Umlagekomponente zu erhöhen, köcheln die Bürgerlichen schon länger ihr eigenes Süppchen mit Rentensenkungen von bis zu 12 Prozent. Eigentlich wollten Sie den Frauen einen minimalen Ausgleich geben, um sie dafür für die Rentenaltererhöhung in der AHV zu gewinnen. Doch nach einem überhasteten Versuch von FDP-Ständerat Dittli ist dieses Manöver nun endgültig gescheitert. Der Vorschlag geht zurück in die Kommission. Dort werden aber wieder nur Vorschläge diskutiert, die deutlich teurer und schlechter sind als der Kompromiss der Sozialpartner. Von der bürgerlichen BVG-Reform gibt es also bestimmt keine Verbesserungen für die AHV-Rentenkürzungen auf dem Buckel der Frauen. Ein Nein im September zur AHV-Abbauvorlage wird umso wichtiger.
Die Schweiz soll Menschenrechtsverletzungen selbst sanktionieren können
Dank dem Einsatz unserer Aussenpolitiker Fabian Molina und Eric Nussbaumer hat der Nationalrat deutlich dafür gestimmt, dass der Bundesrat eigenhändig Schweizer Sanktionen beschliessen kann, beispielsweise bei Menschenrechtsverletzungen oder Verstössen gegen das internationale Recht. Der Vorschlag geht nun nochmals an den Ständerat, dieser hatte sich vor dem Ukraine-Krieg noch dagegen ausgesprochen.
Höherer Kohäsionsbeitrag für die Teilnahme an EU-Forschungsprogrammen
Die Schweiz ist zurzeit vom wichtigen EU-Forschungsprogramm Horizon ausgeschlossen. Mit einer Erhöhung des Kohäsionsbeitrags soll die Beziehung zur EU stabilisiert werden. Damit soll die Schweiz endlich mehr finanzielle Verantwortung für den sozialen Ausgleich in Europa übernehmen und das Vertrauen der Europäischen Union wieder aufbauen, um die institutionellen Fragen zu klären.
Besserer Zugang zur beruflicher Ausbildung für Sans-Papiers
In der Schweiz leben tausende Sans-Papiers, meist unter prekären Bedingungen. In der staatspolitischen Kommission haben wir eine Vorstoss auf den Weg gebracht, um ihren Zugang zu einer beruflichen Ausbildung zu vereinfachen. Die Motion wurde vom Nationalrat angenommen und geht an den Ständerat. Konkret sollen Sans-Papiers für die Dauer einer beruflichen Grundbildung bereits nach zwei statt fünf Jahren Aufenthalt eine Aufenthaltsbewilligung erhalten können. Und junge Menschen, die hier nie oder nur ganz kurz eine obligatorische Schule besucht haben, könnten neu ebenfalls einbezogen werden.
Revision des Sexualstrafrechts
Der Ständerat hat diese Session mehrfach die Frauenanliegen überhört. Statt wie Spanien die “Nur JA heisst JA”-Lösung im Sexualstrafrecht zu beschliessen, blieben die Ständeräte auf halber Strecke stehen und entschieden sich für die “NEIN heisst NEIN”-Lösung. Während bei einer JA-heisst-JA-Lösung sexuelle Handlungen ohne explizite Zustimmung neu als Vergewaltigung gelten sollen, braucht es beim Konzept NEIN-heisst-NEIN eine ausdrückliche Ablehnung. Wir setzen uns für die Lösung «Ja-heisst-Ja» ein, weil die heutige Forschung aufzeigt, dass Opfer bei sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen in eine Art Schockstarre (“Freezing”) fallen können und sich weder wehren noch artikulieren können.
Meine Vorstösse
Motion Nebenkostendeckel: Damit sollen alle Schweizer Miethaushalte gegen Erdöl- und Gaspreise versichert werden, welche ihre üblichen Heiznebenkosten um mehr als 30% erhöhen. Im Gegenzug sollen Vermieter dazu verpflichtet werden, mit dem Gebäudeausweis der Kantone nachhaltige Sanierungsmassnahmen zu prüfen.Diese Forderung ist Teil unseres Massnahmenpakets zum Schutz der Kaufkraft.
Interpellation EU-Mindestlohnrichtlinie: Am 15. Juni 2022 haben die Botschafter der EU-Mitgliedländer (Coreper) dem Entwurf für eine neue Mindestlohnrichtlinie zugestimmt. Die tatsächliche Wirksamkeit dieser neuen Richtlinie wird sich zwar erst nach einigen Jahren und im Anschluss an die nationalen Umsetzungen zeigen, aber politisch bedeutet sie eine Zeitenwende. Zusammen mit den deutlich verbesserten Entsende- und Durchsetzungsrichtlinien und geplanten Richtlinien zur Regularisierung der Plattformarbeit und der Equal-Pay-Richtlinie zieht die EU zumindest politisch einen Schlussstrich unter die Epoche des Wettbewerbs auf Kosten der Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte. Die neue Mindestlohnrichtlinie hält klar fest, dass sich der Binnenmarkt in Zukunft in Richtung “preventing and reducing wage and social inequalities […] promoting economic and social progress and upward convergence” entwickeln soll. Dazu habe ich den Bundesrat um die Beantwortung meiner Fragen gebeten.
PS: Hier kann man alle meine Voten aus der Session nachschauen.