Sommersession 2021

WICHTIGE TEILERFOLGE WÄHREND DER SESSION – AHV, STEMPELSTEUER UND ABSTIMMUNGSNIEDERLAGEN ÜBERSCHATTEN ABER VIELES

Die Sommersession hat uns einige wichtige Erfolge gebracht – dank der SP sollen erstmals Spenden an Komitees und Parteien offengelegt werden müssen. Ich durfte zusammen mit meiner Kollegin und SP-Nationalrätin Nadine Masshardt den indirekten Gegenvorschlag massgeblich mitgestalten. Damit gibt es zum ersten Mal und nach einem fast sechzigjährigen Engagement der SP Schweiz Transparenzvorschriften bei der Politikfinanzierung. Ein historischer Erfolg! 

Zudem ist es uns im Nationalrat gelungen, im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) einen bescheidenen Ausbau der Grundrechte von schutzbedürftigen, vorläufig aufgenommenen Geflüchteten zu verankern. Sie sollen zukünftig nahe Familienangehörige im Schengenraum besuchen dürfen (heute geht das nur bei schwerer Krankheit oder Tod). 

Neben diesen wichtigen Lichtblicken gibt es aber auch wieder zahlreiche Dossiers, bei denen das Parlament überhaupt nicht in unserem Sinne entschieden hat:

  • Das Frauenrentenalter soll erhöht werden – mit einer Kompensation, die diesen Namen nicht verdient,

  • Die Abschaffung der Stempelsteuer und unser SP-Referendum dagegen,

  • Die Bekanntgabe der Staatsangehörigkeiten bei Doppelbürger*innenschaft,

  • Und zuletzt ist das CO2-Gesetz leider vor einer Woche an der Urne knapp gescheitert. Wir haben uns einige Gedanken gemacht, weshalb das passiert ist, und sind an Vorschlägen für die Zukunft.

ENDLICH TRANSPARENZ IN DER POLITIKFINANZIERUNG

Es hat lange gedauert, nun ist es endlich soweit: Wir bringen Licht ins Dunkel der nationalen Politikfinanzierung. Mich beschäftigt dieses Anliegen schon lange, 2013 war die kantonale Transparenzinitiative in Baselland mein erster Abstimmungskampf als Mitglied der JUSO. Damals verloren wir noch, nachdem nun aber viele Kantone ähnliche JUSO-Initiativen angenommen haben,  unter anderem Fribourg, Schaffhausen und Schwyz, ist uns in Bern ein wichtige indirekte Gegenvorschlag zur nationalen SP-Transparenz-Initiative gelungen. Ich durfte zusammen mit meiner Kollegin und SP-Nationalrätin Nadine Masshardt, die sich seit Jahren an vorderster Front für das Anliegen engagiert, in der Kommission und parteiübergreifend an diesem Kompromiss mitarbeiten. Neu sollen Komitees von National- und Ständerät*innen und Parteien Spenden ab 15’000 Franken  offenlegen müssen. Auch Abstimmungskomitees müssen ihre Spenden offenlegen, wenn die Kampagnen mehr als 50’000 Franken zur Verfügung haben. Spenden aus dem Ausland sind zukünftig verboten. 

RECHT AUF FAMILIENLEBEN FÜR VORLÄUFIG AUFGENOMMENE GEFLÜCHTETE

Heute können Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene nur Reisedokumente erhalten und ins Ausland reisen, wenn Familienangehörige schwer krank sind oder gestorben sind, wenn sie persönliche Angelegenheiten dringend lösen müssen, wenn es sich um Schul- oder Ausbildungsreisen handelt oder wenn sie aktiv an Sport- und Kulturveranstaltungen im Ausland teilnehmen wollen. Allerdings ist diese restriktive Praxis heute nur in einer Verordnung des Bundesrats geregelt. Neu wollte der Bundesrat auf Grundlage einer überwiesenen Motion von Mitte-Präsident Pfister explizit ein Reiseverbot im Gesetz festschreiben, das zu einer noch restriktiveren Praxis geführt hätte. Nun ist es uns gelungen, die besonderen persönlichen Gründe auszuweiten und das Recht auf Familienleben und die Kontaktpflege zu nahen Verwandten im europäischen Ausland (Schengenraum) auf Gesetzesstufe festzuschreiben. Die SP-Fration lehnt das Reiseverbot für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene ab, aber hat diesen wichtigen Kompromiss wesentlich geprägt und unterstützt. 

RENTENABBAU FÜR DIE FRAUEN? Referendum Nummer 1!

Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat die Rentenabbau-Vorlage gegen die Frauen durchgewinkt. Das Referenzrentenalter der Frauen soll bei der AHV auf 65 Jahre erhöht werden. Obwohl die Frauen noch immer dreimal stärker von Altersarmut betroffen sind als Männer und für 60% der Frauen die AHV die wichtigste Einnahmequelle im Pensionsalter ist, sollen sie nun die Finanzierungslücke der Altersvorsorge schliessen: Mit dieser Vorlage finanziert jede Frau in der Schweiz mit 20’000.- die Finanzierungslücke der AHV. Eine Frechheit, sind doch die Frauenrenten heute bereits mindestens ein Drittel tiefer als die Männerrenten (siehe hier). Das Referendum der SP und der Gewerkschaften ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn die Vorlage ist für die Bürgerlichen nur ein Zwischenschritt zum Rentenalter 67 für alle – nicht umsonst nennen sie es “Reförmchen”, wie wenn die Frauen in diesem Land eine Nebensache wären. 

ABSCHAFFUNG DER STEMPELSTEUER – REFERENDUM NUMMER 2!

Während die Bürgerlichen bei der AHV gegenüber den Frauen knausern, geht der Raubbau auf die öffentlichen Finanzen für Konzerne weiter. Der Nationalrat hatte das bereits im Frühjahr beschlossen, nun zieht der Ständerat nach: Die Grossunternehmen sollen von der Stempelsteuer entlastet werden. Dies ist eine privilegierte Version einer Mehrwertsteuer für den Finanzplatz. Die SP hat bereits das Referendum angekündigt – eine Steuersubvention für die Konzerne ist nach den vergangenen Unternehmenssteuerreformen mit Milliardenausfällen und nach massiven Einkommenseinbussen bei den tiefen und mittleren Einkommen während Corona absolut unhaltbar. Wir sind überzeugt, dass wir das Referendum gewinnen können. Hier kannst du uns unterstützen.

ZWEITPÄSSE OFFENLEGEN – ABSURDE VORSTELLUNG VON TRANSPARENZ

Der Nationalrat hat beschlossen, dass Parlamentarier*innen öffentlich machen müssen, wenn sie neben dem Schweizerpass noch ein zweites Bürger*innenrecht haben. Dies unter dem Deckmantel der Transparenz – eine völlig unsinnige Begründung. Die SP war nun endlich erfolgreich und hat die Offenlegung von hohen Spenden an Politiker*innen und Komitees offenlegen können. Doch nach wie vor wissen wir nicht genau, wie viel die Parlamentarier*innen in den Verwaltungsräten von Krankenkassen, Versicherungen oder Immobilienkonzernen einkassieren.  Gegen diese Offenlegungspflicht kämpfen die Bürgerlichen erfolgreich an. Wenig überraschend, dass im Parlament kaum etwas gegen überhöhte Mieten oder Fehlanreize im Gesundheitswesen gemacht wird. Um diese Art von Soft-Korruption zu vertuschen, hat die SVP nun den Nebenschauplatz Doppelbürgerschaft eröffnet. Implizit schwingt dabei die Unterstellung mit, Doppelbürger*innen könnten die Schweiz nicht richtig vertreten, sie seien nicht loyal, und darum sollten sie diesen “Interessenkonflikt” offenlegen (erinnert übrigens an die aktuellen Kommentare von rechts zu unserer Fussball-Nationalmannschaft!). Die SVP macht diese Unterscheidung schon länger, um Fremdenhass zu schüren: “Papierli-Schwizer*innen” gegen “Eidgenoss*innen”. Gegen diese Zweiklassengesellschaft wehren wir uns entschlossen. Wehret den Anfängen! Hier kannst du meine Rede im Nationalrat dazu nachschauen.

WIE WEITER IN DER KLIMAPOLITIK NACH dem CO2-DEBAKEL?

Am letzten Wochenende ist das CO2-Gesetz an der Urne knapp gescheitert. Ich bin überzeugt, dass das Gesetz einerseits zu viele verschiedene Massnahmen beinhaltet hat und darum für viele Menschen unverständlich wurde. Andererseits war es ein Kompromiss, den niemand wirklich mit Herzblut in der Öffentlichkeit verteidigt hat. Dazu kam, dass wir Befürworter*innenn am Ende nicht glaubwürdig darlegen konnten, dass solcher Klimaschutz wie im CO2-Gesetz wirklich die grossen Verschmutzer wie Ölindustrie, Banken oder Fluggesellschaften zur Kasse bittet statt nur die Normalverdienenden – diese befürchteten vor allem eine Mehrbelastung durch CO2-Abgaben, höhere Mieten und einen höheren Benzinpreis.

Aus unserer Sicht müssen in Zukunft vermehrt Prioritäten auf den Finanzmarkt gelegt werden, genauso wie auf öffentliche Investitionen und eine Industriepolitik, die öffentliche Innovationen fördert. Dazu müssen Verbote gestärkt werden, die alle in gleichem Mass treffen und damit dem Gerechtigkeitssinn der Opfersymmetrie in der Klimafrage mehr entsprechen. 

Aber die Klimapolitik muss auch in die übrige Verteilungspolitik einbezogen werden – solange die Krankenkassenprämien und Mieten steigen, wird das Verständnis der Wenigverdienenden für neue Abgaben gering sein. Dazu muss auch die Aussenhandels- und Zollpolitik nach ökologischen Kriterien reorganisiert werden, denn die Schweiz importiert einen immer grösseren Teil ihrer Emissionen via Produktionen im Ausland. 

Immerhin haben wir nun ermöglicht, dass erneuerbare Energien weiterhin umfassend gefördert werden können. Weil die Kostenorientierte Einspeisevergütung (KEV) 2022 ausläuft, hätte sich bei den Förderungen eine Lücke ergeben – von den neuen Einmalvergütungen hätten nur erheblich erweiterte oder erneuerte Kleinwasserkraftanlagen ab 300 Kilowatt sowie neue Kehrichtverbrennungs-, Klärgas- und Holzheizanlagen von regionaler Bedeutung profitiert. Erneuerbare Energien wie Windenergie-, Kleinwasserkraft-, Biogas-, Geothermie- und Fotovoltaikanlagen sollen deshalb ab 2023 ebenfalls mit einmaligen Investitionsbeiträgen gefördert werden, bis die Revision des Energie- und Stromversorgungsgesetzes abgeschlossen ist.

 

Neu eingereichte Vorstösse

Globaler Mindeststeuersatz von 15 Prozent – wann zieht die Schweiz nach?

Die am Samstag, 5. Juni 2021 veröffentlichte Absichtserklärung der Finanzminister der G-7-Länder bestärkt die internationalen Bemühungen um einen globalen Mindeststeuersatz. Er soll sicherstellen, dass multinationale Unternehmen wenigstens 15 Prozent Steuern auf ihre Gewinne bezahlen. Ich habe dem Bundesrat dazu verschiedene Fragen gestellt.

Bessere Arbeitsbedingungen für live-in Care-Arbeiter*innen in der Altersbetreuung – wie weiter?

In seinem Bericht “Rechtliche Rahmenbedingungen für Pendelmigration zur Alterspflege” stellte der Bundesrat in Bezug auf live-in Betreuer*innen fest: “[Es] fehlen für diese Beschäftigungsgruppe spezifische und klare rechtliche Vorgaben in verschiedenen zentralen Fragen wie Begrenzung der Arbeitszeit, übermassige Verantwortung, Regelung der prekären arbeitsvertraglichen Situation, fehlende Privatsphäre. Daraus abgeleitet werden kann ein Bedarf, die Arbeitsbedingungen der Betagtenbetreuerinnen besser zu regeln.” Zu den weiteren Schritten habe ich den Bundesrat diverse Fragen gestellt. 

 

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