1:12 – der Schweizerische Normalfall

Statement von Samira Marti anlässlich der Medienkonferenz der SP und JUSO Baselland zur 1:12 Initiative, 30. Oktober 2013. Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Medienschaffende, liebe Anwesende

Die 1:12 Initiative schlägt zurzeit hohe Wellen. Es wird viel diskutiert, viel geschrieben, viel gedroht. Man redet von Umgehungsmöglichkeiten, von Steuerausfällen, von Abwanderungen und von der Zerstörung des Erfolgsmodells Schweiz – die Gegenargumente sind widersprüchlicher denn je. Wichtig ist: Die Diskussion über Lohngerechtigkeit wird nach einer jahrelangen Fehlentwicklung endlich wieder geführt. Die Menschen diskutieren, überlegen sich, wie denn der Wert einer Arbeit zustande kommt und was überhaupt eine gute Leistung ist.

Meistens kommt man zu folgendem Schluss: körperliche Anstrengungen werden schlechter entlohnt als geistige. Ein höheres Einkommen erhält, wer grosse Verantwortung trägt und eine lange Ausbildung hinter sich hat. Doch stimmt das wirklich? Wenn man sich heute die Realitäten anschaut, merkt man, dass diese Grundsätze verloren gegangen sind. Während eine Primarlehrerin monatlich in etwa 6000 Franken verdient, kassieren die CEOs der grossen Unternehmen in der gleichen Zeit mehrere hunderttausend Franken. Wieso eigentlich? Die Lehrerin arbeitet in einer Branche, in der das Ziel ihrer Arbeit nicht der finanzielle Profit ist. Der gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Gewinn ihrer Arbeit ist jedoch umso grösser. Was ist in diesem Zusammenhang denn Leistung und wie wird sie entlohnt?

Grundsätzlich entspricht eine Lohnbandbreite von 1:12 dem Schweizerischen Normalfall und dem Erfolgsmodell Schweiz. In unserem Land gibt es über 300’000 KMUs, das sind 99.6% aller Unternehmen. Im Durchschnitt sind da in etwa elf Mitarbeitende angestellt. Die Chefs dieser Firmen arbeiten jeden Tag Hand in Hand mit ihren Angestellten zusammen. Obwohl sie als Eigentümer die finanzielle Verantwortung tragen, verdienen sie längst nicht so viel wie die Manager der grossen Aktiengesellschaften. Denn solch hohe Löhne sind keine Leistungslöhne mehr, sie sind nur ein Abbild der Vetternwirtschaft zwischen CEO und Verwaltungsrat. Zusätzlich schaden sie der Schweizer Wirtschaft, denn im Moment sinken die Massenkaufkraft und die unteren Löhne real, während viel Geld in aufgeblähte Finanzmärkte, spekulative Finanzprodukte und Spekulationsblasen investiert wird.

Dieses Geld fehlt dafür an anderen Orten. Denn gleichzeitig leben in der Schweiz 400’000 Working-poors, die arbeiten und mit ihrem Einkommen trotzdem nicht überleben können. Zum Glück werden sie durch unsere Sozialwerke gestützt. Doch diese Abhängigkeit desillusioniert viele Menschen. Mit 1:12 wird ihre Arbeitsleistung wieder gerecht entlöhnt, unsere Sozialwerke werden zusätzlich entlastet und der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gestärkt.

Der Wirtschaftsstandort Schweiz bietet den Unternehmen viel mehr als die Möglichkeit der exzessiven Managerlöhne. Es sind Faktoren wie die politische Stabilität, die Rechtssicherheit, gut ausgebildete Fachkräfte und SpezialistInnen, eine gute Infrastruktur und viele mehr, die die Volkswirtschaft unseres Staates einzigartig machen. Aber der Grundstein des Erfolgsmodells Schweiz sind wir Menschen. Wir alle stehen jeden Tag auf, bereit, um zu arbeiten, um produktiv und kreativ zu sein, haben Visionen, Ideen und geben unser Bestes, diese umzusetzen. Es ist an der Zeit, dass wir alle unseren Teil des Kuchens erhalten. Deshalb braucht es am 24. November ein Ja zur 1:12-Initiative.

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