Herbstsession 2022

Der Krieg in der Ukraine tobt nun schon länger als ein halbes Jahr. Die Konsequenzen für die Menschen werden auch in der Schweiz immer sichtbarer, gerade mit dem Winter vor der Tür. In dieser Session ist es uns gelungen, einige wichtige Erfolge zu erzielen, um die inländische Kaufkraft zu schützen und die Schweiz unabhängiger von Öl und Gas zu machen. Doch der Widerstand der Bürgerlichen gegen soziale und ökologische Lösungen ist nach wie vor gross. So müssen wir weiterhin dafür kämpfen, dass die Menschen zeitnah und nachhaltig von den explodierenden Krankenkassenprämien entlastet werden.

Unsere Prioritäten und erste Erfolge in der aktuellen Session

Die SP-Fraktion hat im Juni zwei Konzepte präsentiert: Ein Massnahmenpaket zum Schutz der Kaufkraft und zur Entlastung der Haushalte und eines um die energiepolitische Unabhängigkeit der Schweiz von Putin und anderen Diktatoren zu erlangen. Unterdessen sind wir mit der Mitte eine Allianz eingegangen, um das Kaufkraft-Paket durchzusetzen. Zudem wollen wir unsere Energieversorgung so rasch wie möglich unabhängig von Putin und Co. machen. Bei beiden Anliegen konnten wir nun erste Erfolge feiern. 

Kaufkraft-Paket: Erfolg beim Teuerungsausgleich – bei der Prämienentlastung wird auf Zeit gespielt

Nationalrat und Ständerat haben beschlossen, die AHV-Renten vollständig an die Teuerung anzupassen.  Damit verhindern wir, dass vor allem ärmere Rentner:innen mit ihrer Rente immer weniger kaufen können. Allerdings blockiert der Ständerat zurzeit die Entlastung der Familien und tiefen Einkommen. das Kaufkraft-Paket beinhaltet eine Erhöhung des Bundesanteils an den Prämienentlastungen der Kantone, was gerade nach dem massiven Prämienschock dringend nötig ist (im Baselbiet steigen die Prämien sogar überdurchschnittlich, um 7%!). Der Ständerat verzögert diese Entlastung, indem er das Geschäft an die Kommission zurückgewiesen hat – und will zusätzliche Abklärungen treffen. Es wird auf Zeit gespielt. Wir kämpfen weiter dafür, dass die Prämienentlastungen erhöht werden – auch im Baselbiet.

Zu dem Thema war ich im Club SRF: Hier kann man die Sendung nachschauen.

Axpo vor dem Kollaps gerettet – der Rettungsschirm steht 

Weil die Strompreise in Europa förmlich explodiert sind,  ist das Stromunternehmen Axpo in einen Liquiditätsengpass geraten –  das heisst, die Axpo hatte nicht mehr genügend Geld auf den Konten und konnte auch keines beschaffen, um ihre Rechnungen rechtzeitig zu bezahlen. Ihr hat deshalb die Zahlungsunfähigkeit gedroht, obwohl sie gesund ist und wohl Ende Jahr rekordhohe Gewinne einfahren wird. 

Doch die Axpo ist wie einige andere Unternehmen systemrelevant. Wenn sie bankrott geht oder ihre Kredite nicht mehr bedient, könnte das die gesamte Stromversorgung in der Schweiz gefährden. Deswegen musste der Bund einspringen. Nun haben wir die gesetzlichen Grundlagen für den sogenannten Rettungsschirm von insgesamt 10 Milliarden geschaffen. Daraus können die Axpo oder andere systemrelevante Stromunternehmen Kredite beantragen, um ihre Liquidität zu sichern. Das verhindert, dass eigentlich gesunde Unternehmen kollabieren. In dieser Zeit müssen die Stromunternehmen dem Bund hohe Zinsen zahlen und dürfen keine Dividenden ausschütten. Was fehlt, ist die Einführung einer Übergewinnsteuer. Damit würden die ausserordentlichen Gewinne, die aufgrund der Preisexplosionen möglich sind, zusätzlich besteuert.

Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative bringt endlich erste Fortschritte im Klimaschutz – die Solarpflicht muss weiter ausgebaut werden

Nach der knappen Ablehnung des CO2-Gesetzes wurden nun umfassende Massnahmen beschlossen, um die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen. Als indirekter Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative hat das Parlament beschlossen, dass die CO2-Emissionen bis 2050 auf Netto Null abgesenkt werden müssen. Dabei gibt es auch verbindliche Zwischenschritte. Mit dem Gegenvorschlag werden Haushalte finanziell unterstützt, die fossile Heizungen ersetzen oder ihre Häuser besser isolieren möchten. Zudem werden neue Technologien gefördert. 

Daneben haben National- und Ständerat auch eine Solaroffensive beschlossen. Grosse Solarkraftwerke in den Bergen sollen einfacher bewilligt werden können. Allerdings bleiben Vogelreservate, Moorlandschaften und Biotope geschützt; im Gegensatz zu den verfassungswidrigen Vorschlägen einiger bürgerlicher Ständeräte gibt es mit uns keine radikale Abschaffung des Umweltschutzes. Leider hat der Nationalrat gleichzeitig auch beschlossen, dass die Solarpflicht nur für besonders grosse, neue Häuser gelten soll. Hier müssen wir dringend auf eine allgemeine Solarpflicht für alle Hausdächer hinarbeiten.

Desaströse Vorlage zum Eigenmietwert geht zurück an die Kommission

Zum wiederholten Mal versuchen die Bürgerlichen den Eigenmietwert abschaffen. Dieser stellt sicher, dass Hauseigentümer:innen auch Steuern auf das Einkommen zahlen, das sie wegen ihres Wohneigentums indirekt erhalten, weil sie keine Miete bezahlen müssen. Hypothekarschulden und Sanierungskosten dürfen im Umkehrschluss bei den Steuern abgezogen werden. So stellt unser Steuersystem sicher, dass Menschen gleichgestellt sind, egal ob sie ihr Vermögen in Obligationen, Aktien oder den eigenen vier Wänden anlegen.  

Diese Graphik zeigt: Je höher das Einkommen, desto höher der Anteil an Wohneigentum. Die “reine Systemwechsel” hilft aber längst nicht allen Immobilieneigentümern, wie die nächste Graphik zeigt. Es sind insbesondere die Reichsten, die ihre Hypothekarschulden abbezahlt haben, und steuerlich vom Eigenmietbesteuerungssystem belastet werden. Auf der Y-Achse kann die durchschnittliche Reduktion des steuerbaren Einkommens abgelesen werden. Die schwarze Linie zeigt: Je höher das Vermögen der Hausbesitzer, desto höher die steuerliche Entlastung, während sich für die “ärmsten 10% Wohneigentümer” die Reform sogar nachteilig auswirken würde. 

 

Unterdessen haben einige Bürgerliche verstanden: Nach den vier gewaltigen Abstimmungsklatschen bei der Unternehmenssteuerreform, den Kinderabzügen, der Stempel- und zuletzt auch der Verrechnungssteuer hätte eine solche Vorlage keine Chance vor dem Volk. Deswegen haben sie die Vorlage an die Kommission zurückgeschickt. Einmal mehr sehen wir, wie wichtig unsere Abstimmungssiege auch für die Arbeit im Parlament sind.

Was war sonst noch wichtig während der Session?

Nach der Rentenaltererhöhung: Endlich die Frauenrenten verbessern!

Frauen und Menschen mit Einkommen unter 9000 Franken, junge Menschen und Männer in der Romandie haben die Erhöhung des Rentenalters massiv abgelehnt. Denn es sind genau diese Menschen, die unter den sinkenden Renten leiden. Trotzdem wurde die Erhöhung des Frauenrentenalters angenommen. Nun müssen die Frauenrenten mit unmittelbar wirksamen Massnahmen erhöht werden. Das wurde im Abstimmungskampf von bürgerlichen Seite wiederholt versprochen. Mit dem Sozialpartnerkompromiss haben die Gewerkschaften und der Arbeitgeberverband eine Lösung vorgelegt, wie die Renten in der 2. Säule (Pensionskassen / BVG) rasch erhöht werden können. Damit Frauen und Menschen mit tieferen Einkommen endlich in der Rente endlich besser leben können. Dazu gehört ein Rentenzuschlag für tiefe Einkommen, der solidarisch über Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge finanziert wird. Zudem braucht es unbedingt eine Erhöhung der AHV-Renten, wie sie die Initiative für eine 13. AHV-Rente fordert.

OECD-Steuerreform: Nur gerechte Steuerreformen können an der Urne gewinnen

Durch die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer wird die Schweiz deutlich höhere Steuereinnahmen haben. Die Niederlage bei der Verrechnungssteuer hat aber einmal mehr gezeigt: Wenn Steuerreformen nur ganz wenigen dienen, dann haben sie vor dem Stimmvolk keine Chance. Das bedeutet für die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer, dass die zusätzlichen Einnahmen nicht nur an wenige Konzerne und die reichsten Regionen zurückverteilt werden sollen. Die Einnahmen sollen im Gegenteil möglichst vollständig an den Bund gehen, so dass auch Regionen ohne grosse Konzerne davon profitieren. Alles andere wäre unsolidarisch und würde das Land spalten.

Meine Vorstösse

Ich konnte während dieser Session erneut einige persönliche Erfolge verbuchen. Meine parlamentarische Initiative “Armut ist kein Verbrechen” wurde vom Nationalrat überwiesen. Sie verlangt, dass Menschen ohne Schweizer Pass keine aufenthaltsrechtlichen Verschlechterungen erleben dürfen, nur weil sie Sozialhilfe beziehen. Heute betrifft diese Verschärfung und Koppelung des Migrations- und Sozialrechts insbesondere Menschen, die seit Jahrzehnten in der Schweiz leben oder sogar hier geboren wurden. Nun ist der Ständerat am Zug. Besonders leiden darunter Alte, Kranke und Alleinerziehende, weil sie häufiger von Armut betroffen sind.  Die WoZ nennt diesen Erfolg “einen sozialpolitischen Coup”. Hier kann der Bericht nachgelesen werden.

Zudem wurde auch mein Postulat überwiesen, in welchem ich eine Überprüfung des Kindswohls im Asyl- und Ausländerrecht fordere. Ich möchte dabei vor allem wissen, ob die Verfahren kindergerecht sind, ob das Recht auf Privat- und Familienleben genügend gewahrt ist und ob die Situation von Kindern vor Wegweisungen genügend berücksichtigt wird. Zudem fordere ich einen Bericht über die Wohn-/ Unterbringungssituation der Kinder. Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte wird nun den Bericht ausarbeiten. 

Zuletzt habe ich einen Antrag durch den Nationalrat gebracht, um zu verhindern, dass unter 15-jährige Kinder bei der Einreise in die Schweiz bis zu drei Tage im Gefängnis festgehalten werden können. Die Kommissionsmehrheit wollte diese Ausnahme nicht zulassen, obwohl das der Kinderrechtskonvention widersprochen hätte. Der Nationalrat ist dann meinem Antrag gefolgt. Die NZZ am Sonntag hat darüber im Vorfeld berichtet.

PS: Hier kann man alle meine Voten aus der Session nachschauen. 

 

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